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Philosophie, Politik, Geschichte

Ein Akt der Vergebung Werner Pfingst/Finks – NS-Emigrant aus Oberkassel

lieferbar ab 01.05.2013

Bernd Müller
Wolfgang Lorenz
ISBN: 978‐3‐944011‐07‐3
Seiten: 128
Abbildungen: 21cm x 26cm
Herausgeber: Comenius-Gymnasium Düsseldorf
Preis: 19,90 €
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Rezension

Prof. Dr. Kurt Düwell

Nicht Remigration, aber Rückwendung zu alten Freunden

Der kleine Platz in Düsseldorf-Oberkassel, der seit 2009 in seiner offiziellen Benennung an den deutsch-jüdischen Exilanten Werner Pfingst erinnert, hat eine anrührende Vorgeschichte, die in diesem informativen und spannenden kleinen Buch von Bernd Müller und Wolfgang Lorenz erzählt wird. Es ist die erstaunliche Geschichte eines erstaunlichen jüdischen Menschen, der sich trotz aller schrecklichen Opfer, die seine Familie unter dem Nationalsozialismus erlitten hat, die Sympathie für seine alte Abiturientia von 1933 bewahrt hat und nach dem Krieg wieder mit ihr in Kontakt getreten ist. Werner Pfingst war 1933 am Oberkasseler Comenius-Gymnasium der einzige und wohl letzte jüdische Abiturient. Und die recht aufwendigen Recherchen, bei denen die beiden Autoren auch von Schülern dieses Gymnasiums tatkräftig unterstützt wurden, waren notwendig, weil in der unmittelbaren Nachkriegszeit sowohl auf jüdischer als auch auf deutscher Seite viele Ungewissheiten über das Schicksal von Menschen und auch über andere Zusammenhänge des Geschehenen zunächst einmal geklärt werden mussten. Werner Pfingst erhielt als einer der wenigen aus seiner weit verzweigten Familie, der ein Exil in den USA finden konnte, erst zu Beginn der 1970er-Jahre genauere Kunde drüber, was aus seinen hier und in Holland gebliebenen Angehörigen und Verwandten geworden war. Er selbst war nach 1938 in Amerika ein erfolgreicher Kaufmann geworden, nutzte aber nach dem Krieg, als er den Heeresdienst wieder verlassen hatte, eine geschäftliche Deutschlandreise dazu, 1962 wieder auf seine alten Schulfreunde offen zuzugehen, von deren tadelloser Gesinnung er aus persönlicher Erinnerung überzeugt war. Und als zu diesem Zeitpunkt seine nichtjüdischen Schulkameraden, begeistert über seine noble Kontakt- und Vergebungsbereitschaft, ihm auch allerlei anderes Gute zuzutrauen begonnen hatten, gehörte dazu u.a. auch eine Geschichte, in der ihm zugeschrieben wurde, dass er als amerikanischer Offizier gegen Ende des Kriegs dafür gesorgt habe, dass sein ehemaliger Wohnort Oberkassel keine größeren Kriegsschäden zu beklagen hatte.

Wenn sich diese Rettungstat, die von seinen deutschen Freunden immer weiter ausgeschmückt wurde, auch bei genauerem Studium der amerikanischen Heeresakten, die von den Autoren Müller und Lorenz und ihren Helfern sehr gründlich gesichtet wurden, auch nicht belegen ließ, ja eigentlich sogar ausgeschlossen werden muss, weil Pfingst anscheinend den europäischen Kriegsschauplatz während seiner Heereszugehörigkeit gar nicht betreten hat, so bleibt doch das einzigartige Phänomen, dass ihm seine alten Schulfreunde eine solche Rettungstat – wer immer sie auch zuerst erzählt hat – sehr wohl zugetraut und sie ihm zugute gehalten haben. Eine solche Geschichte konnte in den Ungewissheiten der Nachkriegszeit leicht entstehen, als seine alten Schulfreunde ihn erst einmal wegen seines großen Zutrauens und seiner Versöhnungsbereitschaft in ihr Herz geschlossen hatten.

Dabei ist eigentlich die andere Geschichte eindrucksvoll genug: ein jüdischer Mensch bekennt sich zu seinen nichtjüdischen Jugendfreunden, von deren aufrechter Gesinnung er nach wie vor überzeugt scheint, geht wieder auf sie zu und vertieft diese Beziehungen sogar bis hin zum freundschaftlichen transatlantischen Austausch der Kinder beider Seiten, also bis zu einer Befestigung der Freundschaft auch in der nächsten Generation. Diese persönliche Geschichte, deren Darstellung Bernd Müller und Wolfgang Lorenz vor der genauen Schilderung der nationalsozialistischen Judenverfolgung und der verzweifelten Versuche der Juden zu einer Verbesserung ihrer Auswanderungschancen am Beispiel von Werner Pfingst beschreiben und dabei auch das tatsächliche Kriegsgeschehen im März/April 1945 in Düsseldorf einbeziehen, ist ein besonders anerkennenswertes Beispiel präziser lokalgeschichtlicher Detailforschung. Sie vermag an einem sehr eindrucksvollen Einzelfall das Leid der Juden und das Beispiel einer gelingenden Vergebung als Glücksfall deutlich zu machen.

Kurt Düwell

„Ein Akt der Vergebung“. Werner Pfingst/Finks. NS-Emigrant aus Oberkassel. Bearbeitet von Bernd Müller und Wolfgang Lorenz unter Mitwirkung von Marina Fischer, Laura Jäger und Warang Bom Thaipreecha. Herausgegeben vom Comeius-Gymnasium in Düsseldorf-Oberkassel. Düsseldorf (Edition XIM Virgines) 2013

 

 

Auszug
Details

unter Mitwirkung von Marina Fischer,
Laura Jäger und Warang Bom Thaipreecha

Herausgegeben vom
Comenius-Gymnasium Düsseldorf

Großformat 21 x 26 cm

zahlreiche Abbildungen

He had fond recollections of his boyhood and of his childhood friends – and remained friends with until his death in 1978.
He loved the scouts, and his gymnasium.
Ellen Finks

Ich persönlich finde es in jedem Fall erstaunlich, dass jemand, der aufgrund seines jüdischen Glaubens Deutschland in den 30er Jahren verlassen musste, offenbar die moralische Größe hatte, nach Jahren zurückzukommen, und sich trotz allem mit seinem Heimatort identifizierte und die Beziehung zu seinen alten Freunden fortsetzte.
Dr. Thomas Boghardt

Werner Pfingst hat den Akt der Vergebung, wenn man von zwei ehemaligen HJ-Mitgliedern in seiner alten Klasse absieht,
gegenüber der ganzen Abiturientia von 1933 an den Tag gelegt. Das kann nicht bestritten werden und verdient als Zeichen
seines Vertrauens, der Vergebung und Versöhnung höchste Anerkennung.
Prof. Dr. Kurt Düwell

Werner Pfingst machte 1933 am Comenius-Gymnasium in Düsseldorf-Oberkassel Abitur, floh aber als rassisch Verfolgter aus Nazi-Deutschland und emigrierte 1938 in die usa. Obwohl er viele Familienangehörige durch den Holocaust verloren hatte, blieb er der Stadt und seinen ehemaligen Schulkameraden freundschaftlich verbunden. Die vorliegende Untersuchung, die im Rahmen eines Projektes am Comenius-Gymnasium entstand, folgt den Spuren eines großherzigen Menschen, der zu einem „Akt der Vergebung“ fähig war.

Platzeinweihung vor dem Rathaus in Oberkassel mit Prof. Ellen Finks, dem General-Konsul der USA, Stephan A. Hubler, Bezirksvorsteher Rolf Tups sowie den Autoren Bernd Müller, StD a.D., und Wolfgang Lorenz, Polizeihauptkommissar, sowie den ehemaligen Comenius-Schülerinnen und Co-Autorinnen Marina Fischer und Laura Jäger.